Mittwoch, 27. Oktober 2010

Artikelserie aus der ZEIT: Diagnose der Gegenwartsliteratur


Zur Lage der Literatur

Wie geht es dem deutschen Gegenwartsroman? Wir beginnen eine dreiteilige Qualitätskontrolle. Erster Befund: Der Plapperton macht die aktuelle Literatur so erfolgreich

Ewige Mittelstandsparty

Eine vage Museumsatmosphäre beherrscht die Stoffe selbst der jungen Autoren – Teil 2 der ZEIT-Serie über den Zustand unserer Gegenwartsliteratur

Bilder für jetzt

Deutschsprachige Gegenwartsliteratur, dritte und letzte Folge: Wie deutet sie die Jetzt-Zeit? Die Diagnose der Autoren ist originell und erstaunlich wagemutig

Montag, 25. Oktober 2010

Noch'n'Gedicht...

Die große Fracht/ INGEBORG BACHMANN

.
Die große Fracht des Sommers ist verladen,
das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit,
wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.
Die große Fracht des Sommers ist verladen.
.
Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit,
und auf die Lippen der Galionsfiguren
tritt unverhüllt das Lächeln der Lemuren.
Das Sonnenschiff im Hafen liegt bereit.
.
Wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit,
kommt aus dem Westen der Befehl zu sinken;
doch offnen Augs wirst du im Licht ertrinken,
wenn hinter dir die Möwe stürzt und schreit.
.
Willkommen und Abschied (1789)/J.W.Goethe

Es schlug mein Herz, geschwind zu Pferde!
Es war getan fast eh gedacht;
Der Abend wiegte schon die Erde
Und an den Bergen hing die Nacht
Schon stand im Nebelkleid die Eiche
Ein aufgetürmter Riese, da,
Wo Finsternis aus dem Gesträuche
Mit hundert schwarzen Augen sah.

Der Mond von einem Wolkenhügel
Sah kläglich aus dem Duft hervor;
Die Winde schwangen leise Flügel
Umsausten schauerlich mein Ohr
Die Nacht schuf tausend Ungeheuer
Doch frisch und fröhlich war mein Mut
In meinen Adern welches Feuer!
In meinen Herzen welche Glut!

Dich sah ich, und die milde Freude
Floß von dem süßen Blick auf mich;
Ganz war mein Herz an deiner Seite
Und jeder Atemzug für dich.
Ein rosafarbenes Frühlingswetter
Umgab das liebliche Gesicht,
Und Zärtlichkeit für mich - ihr Götter!
Ich hofft es, ich verdient es nicht!

Doch, ach schon mit der Morgensonne
Verengt der Abschied mir das Herz
In deinen Küssen welche Wonne!
In deinem Auge welcher Schmerz!
Ich ging und du standst und sahst zu Erden
Und sahst mir nach mit nassen Blick:
Und doch welch Glück geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück!





INGEBORG BACHMANN /Die große Fracht
• Feste Gedichtform, drei gleichgebaute Strophen
• Verzahnung der Strophen untereinander
* I 1/3: Grundthema, Rahmenstruktur
* 2 + 3: Rahmenverse für II und III
* Neugestaltung der Binnenverse in II und III
• Umschließende Reime; abba, bccb, bddb
• Fünfhebiger Jambus: Festigkeit und Ruhe
BILD - und MOTIVstruktur und poetische Formmerkmale
• Bilder: Schiff, Hafen, Möven, sonne, Meer, Schiffsladung {Gallionsfiguren, Fracht des Sommers} = Ansatzpunkt für metaphorische Bezüge
• Keine abstrakten, gedanklich - theoretischen Aussagen, sondern Verwandlung in Bilder
EINZELANALYSE
• I
1/4: Anklang an Herbstgedicht: Ertrag des Sommers als "große Fracht".
Häufing dunkler Vokale => Ruhe, Gelassenheit
2:
a) Sonnenschiff: Mythologische Anspielung: Himmelsozean (s. ägyptische Mythologie), Anklang an die Dimension Licht, Sonne, s. Steigerung dieser Dimension in der letzten Strophe
b) Hafen: Ausgangspunkt, nicht bergender Endpunkt der Reise (s. Kontrast zu Barockgedichten)
=> a + b) Verweis der Bildelemente auf ihre metaphorische Assoziationsbreite
=> Akustisches und kinetisches ("liegt bereit" - "ist verladen") Mittelglied zwischen I,1 und I,3
3.
* Möven (häufig auch als Totenvögel) im kinetischen und akustischen Aufruhr ("Stürtzt", "schreit"): wilde Bewegung im Gegensatz zur Vorstellung vom friedlichen und fruchtbaren Herbst
* Unruhe, Aufruhr hinter dem Rücken des Menschen, s. Gegensatz zur Unverhülltheit in II, 3
* Direkte Anrede an den Leser => Unmittelbare Bezugaufnahme, Betroffenheit bewirkend
* Häfung heller Vokale, schrill
=> größte akustische und kinetische Dissonanz zu I, ¼
• II
1:
* Wiederaufnahme des akustischen und kinetischen ("liegt - bereit") Mittelgliedes als Rahmen
2/3:
* Plötzlicher Umschwung des Vertrauten, zunächst Geborgenheit assoziierenden Bildes ins Unheimliche
* Verwandlung des Sonnenschiffes in das Totenschiff
* Unverhülltes (s. dagegen I, 3), schadenfrohes, hämisches Gelächter der umherirrenden Totengeister,
* Hervortreten des sonst Verborgenen; Bilder des Heils, der Hoffnung, des Glücks werden transparent (Galionsfiguren => Lächeln der Lemuren), auch ihr eigentliches Wesen ist der Tod
=> Hervorhebung durch Verlebendigung (Personifizierung?) und Alliteration
• III.
1. Höhepunkt des Unheimlichen, Wilden (als Rahmen)
2.
* Befehl: von außen, anonym, einer höheren Instanz kommend
* "sinken": im Seekrieg nur in Situationen der äußersten Bedrohtheit gegeben
* "Westen": Bereich der untergehenden Sonne, Naturverhaftetheit, Naturgesetzlichkeit des Untergehens, der Todesverfallenheit
3. * Gegensätzlichkeit, Sprung in "doch"
* dialektische Aufhebung des "sinken" im "ertrinken" ==>> Dialektik zwischen Steigerung des Ausdrucks (signifiant) und Steigerung des Inhalts (signifiée): "im Licht": Synästhesie (optisch, haptisch)
* "offnen Augs": Bedingung ("wenn") für Erfahrung der Überfülle des Lichtes; realistische Sichtweise, volle Bewusstheit
* Extreme Kontrastierung zwischen III, 1 / 4 und III, 3: Aufhebung der hellen, schrillen Vokale, der Unruhe und des Aufschreis in der realistischen Einschätzung und der bewussten Annahme der Bipolarität des Seins, dass auch in der höchsten Lebensfülle der Tod sein hämisches Gesicht verbirgt, des "Seins zum Tode"
BOTSCHAFT: Bekenntnis zur Fülle und Schönheit des Lebens trotz Bewusstheit, bewusster Wahrnehmung der Todesverfallenheit, des Durchwirktseins alles Lebendigen vom Tode, trotz Verzahnung von Leben und Tod (s. Gesamtstruktur) große Gelassenheit und Ruhe (s. Metrum) als Grundbefindlichkeit.

http://www.kerber-net.de/literatur/deutsch/lyrik/lyr_mod/frachint.htm, 26.10.10


Inhaltsangabe, Gedicht-Analyse und Interpretation/Willkommen und Abschied
Im Gedicht Willkommen und Abschied von Johann Wolfgang von Goethe geht es um das nächtliche Treffen des lyrischen Ichs mit seiner Geliebten, wobei der Ritt des Lyrischen Ichs sowie der Abschied am nächsten Morgen eine wichtige Rolle spielen. Das 1789 veröffentlichte Gedicht besteht aus 4 Strophen, die jeweils aus 8 Versen bestehen. In den ersten beiden Strophen wird der Weg des Mannes zu seiner jungen Dame beschrieben, in der dritten Strophe berichtet das lyrische Ich von seiner Begegnung mit seiner Geliebten und in der letzten Strophe kommt es schließlich zum Abschied der beiden Liebenden.
Das Gedicht besteht ausschließlich aus 4-hebigen jambischen Versen, was einem zusammen mit dem ebenfalls regelmäßigen Aufbau der einzelnen Strophen auf den ersten Blick eine unaufgeregte Atmosphäre vermittelt.
Der Rhythmus ist jeweils dem Inhalt angepasst. In den ersten beiden Strophen ist der Rhythmus dem Ritt des Reiters nachempfunden, in der dritten Strophe hingegen ist der Rhythmus äußerst langsam und unregelmäßig. In der letzten Strophe ist der Rhythmus wieder gleichmäßiger und schneller.
Das lyrische Ich reitet auf einem Pferd bei Abenddämmerung und Nebelbildung zu seiner Geliebten. Er freut sich auf das Treffen mit ihr, doch schon in der ersten Strophe deutet sich an, dass er sie nur heimlich treffen kann, dies wird mit der Metapher „Wo Finsternis aus dem Gesträuche mit hundert schwarzen Augen sah.” (V 7-8) deutlich. In der ersten Strophe werden Personifikationen1 und Naturmetaphern zur Veranschaulichung des Rittes verwendet („schon stand im Nebelkleid die Eiche, ein aufgetürmter Riese”, Vers 5-6)
Auch in der zweiten Strophe beschreibt der Geliebte den Ritt zu seiner Geliebten. Mittlerweile scheint auch schon der Mond, der allerdings aufgrund der Wolken, das lyrische Ich nennt es in Vers 10 „Duft” , kaum zu sehen ist. Er skizziert die nächtliche Umgebung, die für ihn eine schaurige Atmosphäre schafft. Der Wind „umsaust schauerlich” sein Ohr (Vers 12), während „die Nacht tausend Ungeheuer schuf” (Vers 13). Allerdings überwiegt bei ihm die Vorfreude auf das Treffen und die Leidenschaft seiner Geliebten gegenüber deutlich. Eine Alliteration2 „frisch und fröhlich war mein Mut” (Vers 14) sowie eine Anapher3 „In meinen Adern welches Feuer! In meinem Herzen welche Glut” (Vers 15-16) verstärken diesen Eindruck.
In der dritten Strophe gibt es im Gegensatz zu den ersten beiden Strophen nur noch positive Gefühle. Waren in den ersten beiden Strophen noch Angst und Furcht Teil seiner Gefühle, ist er nun vollkommen in der Begegnung mit seiner Geliebten versunken. Auch seine Geliebte scheint ihn sehnlich erwartet zu haben und scheint nun auch das Treffen mit ihm zu genießen. („die milde Freude floß von dem süßen Blick auf mich”, Vers 17-18). Er berichtet uns von seinen innigen Gefühlen ihr gegenüber, dass sein Herz „ganz auf” ihrer „Seite” war und „jeder Atemzug für” sie war (Vers 19-20). Man merkt, dass der Geliebte von ihr überwältigt ist, er beschreibt sie als eine Frau mit einem „lieblichen Gesicht”, dass von einem rosenfarbnem „Frühlingswetter” umgeben wird (Vers 21-22). Aber nicht nur in diesen beiden Versen ist er sehr euphorisch, im Anschluss bedankt er sich sogar persönlich bei den Göttern.
In der letzten Strophe kommt es nun zum abschließenden Element des Gedichtes, zum Abschied. Da mittlerweile die Sonne aufgeht, müssen die beiden ihr Rendevouz beenden. Für beide fällt der Abschied sehr schwer. Bei ihm verengt sich das Herz (Vers 26) und auch ihr Liebesschmerz wird explizit durch eine Anapher hervorgehoben: „In deinen Küssen welche Wonne! In deinem Auge welcher Schmerz!” (Vers 27-28). Als der Geliebte wegreitet, bleibt sie weinend zu Boden schauend zurück. Als der Geliebte beim Weggehen sieht, dass seine heimliche Geliebte weint, spricht er zu den Göttern und bezeichnet es trotz des Liebeskummers als „Glück, geliebt zu werden” und ist froh darüber, dass er die Liebe erlebt.
Auffallend an dem Gedicht ist, dass das Gedicht mit einer positiven Meinung zur Liebe endet („Und lieben, Götter, welch ein Glück!”, Vers 32) und das trotz des Liebeskummers und trotz der Tatsache, dass sich die beiden wieder trennen müssen.
Das Gedicht ist ein typisches Gedicht aus der Epoche des Sturm und Dranges. Der Ritt des Reiters ist ein typisches Motiv aus dieser Epoche. Die Botschaft, dass es sich lohnt, für die Liebe zu kämpfen, auch wenn die Liebe oft auch negative Aspekte mit sich bringt, gefällt mir besonders. Was mir auch sehr gut gefällt ist, dass das Gedicht von der Form her so schlicht aufgebaut ist, so kann man sich stärker auf den facettenreichen Inhalt konzentrieren. Die Strophen Eins und Zwei stehen für den impulsiven, sehnsüchtigen, teils auch furchtvollen Weg des Lyrischen Ich zu seiner Geliebten, die Dritte Strophe erzählt die intime, romantische Begegnung der beiden Liebenden und die letzte Strophe berichtet von dem innigen, aber auch schmerzvollen Abschied.



Autor/in: Sebastian Tideman Klasse: 12 Note: 14 Punkte, sehr gut Schulform: Gymnasium

Sonntag, 17. Oktober 2010

Tertium comparationis

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Tertium comparationis ist ein Begriff der Rhetorik und steht lateinisch für das Dritte des Vergleiches. Mit ihm wird bezeichnet
  1. die Gemeinsamkeit zweier verschiedener, miteinander zu vergleichender Gegenstände oder Sachverhalte in Metaphern und bei der Metonymie.
  2. in der Logik ein drittes Glied eines Vergleichs; einen dritten Begriff, in dessen Umfang die anderen beiden Begriffe eingehen.
Beispiel: In den Begriff Pol gehen z. B. die beiden Begriffe Nordpol und Südpol ein. Sprachwissenschaftlich betrachtet, handelt es sich bei diesem Beispiel allerdings um eine Hyperonymiebeziehung.
Wenn ein Vergleich eine Aktion, einen Zustand oder eine Person veranschaulicht, indem er eine Parallele zu einem anderen Ding zieht, müssen die beiden verglichenen Gegenstände nicht zwingend identisch sein. Dennoch müssen beide zumindest eine Eigenschaft gemeinsam haben. Diese Eigenschaft wird als tertium comparationis bezeichnet.
In den Wissenschaften ist der Vergleich eine Grundoperation zur Erzeugung neuen Wissens, weil mit der Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden zweier Objekte Informationen über diese Objekte und die sie erschließenden Kategorien gewonnen werden. (Beispiel Zoologie: Einordnung bislang unbekannter Individuen in vorhandene Taxonomie im Wege des Vergleichs mit bekannten Funden in Bezug auf eine Reihe von Merkmalen. Relevante Unterschiede, die eine Einordnung in die als Taxonomie entfaltet begriffliche Ordnung erschweren, zwingen zur Erweiterung bzw. zum Umbau der Taxonomie durch kategoriale Innovation.) In der Auswahl geeigneter informativer Kategorien als Vergleichsgesichtspunkte besteht der theoretische Zugewinn für eine Disziplin. Das tertium comparationes liegt also nicht in den Objekten selbst, sondern wird vom Beobachter eingesetzt. Die basale erkenntnislogische Grundoperation des Vergleichens kann schließlich zum methodologischen Ausgangspunkt für die Ausdifferenzierung neuer Wissenschaftsdisziplinen werden: Vergleichende Sprachwissenschaft, Vergleichende Erziehungswissenschaft, Vergleichende Rechtswissenschaft etc.
Die am häufigsten gebrauchten Anwendungen sind Metaphern und Vergleiche, besonders, aber nicht ausschließlich, in der Dichtkunst. Meist wird ein Aspekt des Vergleiches eher impliziert anstatt explizit erwähnt.
Beispielsweise schrieben Karl Marx und Friedrich Engels in der „Deutschen Ideologie“ unter Hinweis darauf, dass eine reflexive Definition als ihre Voraussetzung die Tätigkeit des Vergleichs hat:
„Wie wenig die Vergleichung eine reine willkürliche Reflexionsbestimmung ist, davon brauchen wir nur ein Beispiel anzuführen, das Geld, das stehende tertium comparationis aller Menschen und Dinge.“
Grundlage der Technik und Naturwissenschaften sind Vergleiche auf Basis von quantitativ bestimmbaren Eigenschaften, diese bezeichnet man als physikalische Größen.

Mittwoch, 13. Oktober 2010

peter licht hat lichtes haar...

Lesung mit tonsur



peter licht wird siegen




noch ein bedeutender literat..